Sonntag, 29. März 2015

Stoffspielereien: Flechtnähte


Suschna hat vorgeschlagen, im März "seltene Techniken" auszuprobieren.
Selten ist ja relativ. Wenn ihr meinen geflochtenen Rand seht, dann kommt euch das vielleicht bekannt vor. Solche Sachen sieht man auf jedem Markt in spanischen Touristenregionen.
Aber ich kenne niemanden, der das selbst mal probiert hat.

Bei der Recherche im Netz fand ich ein paar Bilderanleitungen ( z.B. hier, hier und hier) und einige Filme.
Das Flechten mit Lederschnüren scheint eine Männerdomäne zu sein: Da werden Möbel bezogen, Pistolenhalfter genäht und Pfeilköcher gebaut.
Eine (mehr oder weniger) textile Technik in Männerhand? Bemerkenswert.
In einem Youtubefilm zeigt ein älterer Herr genau, wie das "Double Loop Lacing" funktioniert:
Zuerst werden die Löcher vorgebohrt. Dafür kann man einen Dremel nehmen, eine Ahle oder wie ich ein Reihenlocheisen. Und am Ende noch meinen Mann, der mir die Löcher eingeschlagen hat. Denn das ist gar nicht so einfach.
(" Wo hälst du denn den Hammer fest? Wenn du den Stiel in der Mitte nimmst hast du nicht genug Kraft". Haha. Und wenn ich ihn hinten nehme schlag ich daneben. Sehr lustig.)

Das Blankleder ist knapp 3 mm dick, zum Flechten habe ich eine 10 m lange und 2 mm dicke Lederschnur gekauft. Das nächste mal würde ich aber ein flacheres Lederband verarbeiten, das schaut eleganter aus.

Die Lederschnur wird übrigens nicht eingefädelt, sie wird in das innenliegende Gewinde der Nadel gedreht. Kaum zu glauben, das hält bombenfest.
Ich habe ein paar Probenähte gemacht, nach 10 Minuten Flechterei am Schlüsselmäppchen kam die Tochter ins Zimmer.
"Darf ich auch mal?" hat sie gefragt und mir das Teil nach einer Stunde fertig übergeben. 
(Naja, ich durfte wenigstens ein paar Fotos machen.)

Genauso lange habe ich dann nach dem PRYM-Werkzeug zum Druckknopfeinschlagen gesucht und die Schlüsselmachanik festgenietet.
Mit der Zeit wird das Leder würdig altern. Das nette kleine Familienprojekt kann uns die nächsten Jahre täglich begleiten. Ich freu mich schon, wenn das Etui speckig wird :)

Die seltenen Techniken sammelt diesmal Suschna, sie zeigt eine Sticktechnik, die für mich tatsächlich ganz neu ist. 
Ich bin sehr gespannt was diemal zu sehen sein wird!



Donnerstag, 26. März 2015

Anleitung: Bücherhülle (Gotteslobhülle) mit umlaufendem Reißverschluss

Die Freundin aus dem fernen Fulda war vor ein paar Jahren in Israel und hat dort in einem Kloster eine Hülle für ihr Gesangbuch gekauft. Als dann letztes Jahr ein neues, größeres Gotteslob herauskam hat die alte Hülle nicht mehr gepasst.
"Kannst du da was machen?" hat sie gefragt.

Klar, kann ich.
Ich kann die Stickerei abtrennen, auf Filz applizieren und eine neue Hülle nähen.
Und damit die ganze Sache etwas interessanter wird wollte ich die Hülle gern mit einem Reißverschluss schließen.


Und glaubt mir, ich habe wesentlich länger gebraucht diese superbreiten Reißverschlussbänder aufzutreiben als für die Näherei selbst.
Das geht nämlich ratzfatz:

Man nehme:
  •  ein Stück Wollfilz (3 mm) mit 18,7 x 29 cm,
  • die beiden Laschen (2 mm) zum Befestigen des Buches ( 10 x 20 cm und 3 x 20 cm)
  • und eine Hälfte eines 1 m langen und 4 cm breiten Reißverschlussses.
    eventuell einen Stoffrest für eine aufgesetzte Tasche wie in diesem Beispiel


12 cm vom seitlichen Rand entfernt werden zwei Linien gezogen, an der ersten Linie fängt man mit der knappkantigen Naht an. Dabei bleiben vor dem ersten Stich 5 cm Reißverschluss stehen und werden nicht aufgenäht- an der Stelle wird später der Schieber aufgezogen.

Der Reißverschluss schaut zur Stoffmitte, die rechte Seite der Raupe nach oben.
An den Ecken stoppt man 1 mm vor dem Rand, hebt das Füßchen bei tiefstehender Nadel und dreht das Stück Filz in die neue Richtung. Der Reißverschluss lässt sich dann wieder leicht an der Kante anlegen und weiter knappkantig feststeppen.
Der letzte Streckenabschnitt ist wieder 12 cm lang- somit bleibt eine Strecke von 5 cm frei.
Bei der Steppnaht werden die Laschen für den Büchereinschub mitgefasst und dann knappkantig abgeschnitten.
Dann wird der Schieber aufgezogen.
Falls die Ecken der Hülle nicht genau aufeinandertreffen müsst ihr den Schieber noch einmal abziehen und leicht versetzt wieder aufziehen.
In der unteren Mitte das Reißverschlussband mit einigen Stichen bis zur Raupe im 90 Grad-Winkel zur Kante feststeppen.
Nach dem Aufziehen des Schiebers mit einem Reststück Filz die offenen Reißverschlussenden versäubern.
Ich habe dann auch gleich eine Hülle für mein evangelisches Gesangbuch genäht. Da es etwas dicker ist sollte der Filz größer sein.
Die Anleitung für das evangelische Gesangbuch mit allen Maßen findet ihr hier und den passenden noch breiteren Reißverschluss hier.

Wäre das nicht ein tolles last-minute Kommunions- oder Konfirmationsgeschenk?

Hier seht ihr den Unterschied zwischen der normalen Meterware und den XL Bändern.
Und weil man diese 4 cm breite Meterware eigentlich nirgendwo kaufen kann habe ich meinen Rest in den Shop gestellt- solange der Vorrat reicht.
So habt ihr es etwas einfacher als ich :)

Donnerstag, 19. März 2015

Neue Taschen und Geldbeutel aus Zeltplane.


Jaja, der Siebdruck.
Ich hatte mir das alles viel einfacher vorgestellt, vor allem die Belichtung der Siebe ist nicht optimal. Welche Lampe in welchem Abstand zum Sieb wie lange eingeschaltet sein muss- das ist immer noch zu sehr Glückssache.
Dieser ganze technische Kram vorab mit den fälligen systematischen Versuchsreihen, da hatte ich die letzten Monate keine rechte Motivation.

Aber zum Glück habe ich ja meine Siebe mit den regionalen Ellwangenmotiven- die sind eine sichere Bank:


Für Barbaras "Glas und Faden" in Ellwangen habe ich ein paar Geldbeutel genäht, diese Tasche tausche ich mit ihr gegen eine ihrer sensationellen Scheibenketten.


Der Boden besteht aus einem kernigen Leder, der Korpus aus Schwedenplane. Die Camouflageflecken der Zeltbahnen sind sehr groß, da bleibt nach dem Siebdruck keine militärische Anmutung übrig. Und das über die Jahre in den nordischen Wäldern abgescherbelte dicke Gewebe hat so viel Charakter! 


Durch die Faltenlegung am oberen Rand lässt sich leider kein Reißverschluss einarbeiten.
Der Magnetverschluss ist hier zusammen mit einem Lederstück angebracht. Das ist optisch besser und auch noch sinnvoll, die beiden Hälften sind gut stabilisiert und finden sich beim Zuklappen der Tasche fast von allein.

Die andere Tasche hat einen versenkten Reißverschluss bekommen, sie hat das richtige Quertrageformat.


Ich war bei meinem Leder-Großhändler lange auf der Suche nach etwas dünnerem, pflanzlich gegerbten Blankleder für Taschenriemen. Die meisten Riemen sind zu dick als dass man sie problemlos mit einer Schiebeschnalle verstellen kann.
Ich habe in dem Riesenlager schlussends zwei Häute gefunden aus denen ich richtig lange Riemen schneiden kann- für Taschen, die man auch quertragen kann.


Es ist eine Freude die langen Riemen mit der Ledernähmaschine dekorativ abzusteppen.
Endlich kann ich perfekt gleichlange Stiche auf jedem Material!
Nähglück!

Montag, 9. März 2015

Sixta: Tasche, Rucksack oder Matchsack

Sixta- nach den ursprünglich sechs Tragevarianten haben wir die neue Tasche benannt- es sind aber inzwischen ein paar mehr geworden....
Guckt mal:
Die Nummer 1: So trage ich meistens meine Taschen. Ganz klassisch unter den Arm geklemmt.
Wenn dann mal die Hände frei sein sollen: Nummer 2. Crossover. Lässig.
Wenn man dann schnell aufs Fahrrad steigt und die Tasche stören würde: Nummer 3.
Sixta als Rucksack. Diese Variante lässt sich auch mit verschiedenen Diebstahlssicherungen ausstatten- das ist in der Anleitung beschrieben.
 Wer doch den Reißverschluss nicht so zeigen möchte: Nummer 4.
Um noch mehr Varianten zu ermöglichen sind im eBook 2 Größen enthalten- die Matchbeutelversion Nummer 5 mit Ösenverschluss oben kann sehr gut quergetragen werden.
Oder innerhalb einer Minute auch ein Rucksack sein: Nummer 6
Keine Lust auf Träger? Dann können auch die Zugbänder länger gelassen werden. 
So wird Sixta zur Luxusversion der gerade allgegenwärtigen Turnbeutel. Tja, das war die Nummer 7- und vielleicht gibt es ja noch mehr Möglichkeiten?
Wie viele meiner Taschen hat auch Sixta ein schnell zu erreichendes Außenfach für die wichtigen Dinge wie Geldbeutel und Schlüssel.
Im Innenbereich ist durch den runden Boden richtig viel Platz.

Für den Boden habe ich hier Leder oder Kunstleder genommen. Es kommen maximal zwei Lederlagen zusammen- das kann man mit den meisten Nähmaschinen gut steppen. Aber natürlich könnt ihr auch Stoff nehmen.
Der Boden wird idealerweise mit Soft + Stable verstärkt- das hält den Boden gut auf Spannung und gibt der Tasche eine gute Basis. Diese Einlage wird nicht aufgebügelt- sie wird mit dekorativen Stichen aufgesteppt. So schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Einlage sitzt an der richtigen Stelle und die dekorativen Stiche betonen die Form des Bodens.

Soft + Stable ist wirklich eine Besonderheit bei den Taschen-Verstärkungen.
Lasst euch nicht vom Preis abschrecken, die Einlage liegt fast 1,50 breit und ersetzt  die sonst übliche und preislich fast identische Kombi aus H250 und H640.
Und gerade bei Utensilos, Kosmetiktaschen und Kleinkram ist mir die Verstärkung inzwischen unersetzbar geworden.
Diese Quasten habe ich neulich an der Tasche einer Freundin gesehen- sie sind ganz einfach nachzumachen. Man braucht nur eine etwas längere Niete oder Buchschraube.
(Vermutlich geht diese Form auch vorgelocht und mit Knopflochgarn fixiert- ich zeig euch bei Gelegenheit mal, wie das gehen könnte.)

Derweil könnt ihr Sixta schon nähen- ich habe das eBook im Shop, dort könnt ihr Sixta nach Paypalbezahlung auch gleich herunterladen.
Oder klassisch bei daWanda.

Materialien:
Parson Gray ( Shaman) -->  Kleiner Stern
schwarz-weiße Punkte: IKEA
Soft & Stable: Stoffsalat
Metallteile und RV: Ein paar zusammengestellte Sets habe ich im Shop, aber ansonsten findet ihr Karabiner, Versteller und D-Ringe bei verschiedenen Anbietern bei daWanda oder beim Thal-Versand.

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Mein Dank geht wie immer an meine Mitstreiterinnen:
Heike, meine Erstkorrektorin
und den Mädels vom Heidenheimer Kurs, die sich gleich am Anfang super eingebracht haben.
Danke!

Freitag, 6. März 2015

Eine Rucksack wird zur Tasche. Und wie es dazu gekommen ist.


"Wie kommst du eigentlich auf deine Taschenschnitte?" werde ich manchmal gefragt.
Darauf weiß ich in der Regel keine rechte Antwort.
Inspirationen kommen überall her: Aus Zeitschriften, von der Straße, manchmal sind das Anregungen von Kundinnen (wie bei der Julie) oder die Umsetzung einer technischen Herausforderung (wie bei den Geldbeutelschnitten.).

Im Falle der neuen Tasche ist die Inspiration ganz klar einzugrenzen:
Da kam das Trendthema Rucksack ( den man zur Tasche umbauen kann) mit einer Packung Celebrations zusammen und es macht *klick*.

Damit war die grundsätzliche Bodenform des neuen Schnittes geboren.
Der Boden ist rund, so kann die Seite der Tasche zur Frontansicht des Rucksackes werden, wenn man das Gurtband etwas anders einhakt. Die Tasche kann quer getragen werden und mit etwas kürzerem Träger als klassische Handtasche, je nachdem wo der verstellbare Träger eingeklipst wird.

Diesen Prototypen hatte ich dann im Januar im Heidenheimer Workshop dabei.
Das erste feedback war so positiv, dass gleich ein paar mutige Teilnehmerinnen das neue Modell ausprobieren wollten.
Einige gute Ideen sind so mit eingeflossen: Zum Beispiel die Diebsahlssicherung, falls man den Rucksack mit nach untem gelegtem Verschluss trägt. Da wird ein am Zipper befestigter Schlüsselring mit beim Bodenriegel mitgefasst.
Andere Anregungen kamen dann von meinen Nähfreundinnen. Die zum Beispiel darauf bestanden, dass der Schnitt um die vergrößerte Machtbeutelversion ergänzt wird.
Die zeige ich euch dann aber am Montag, wenn dann auch der neue Schnitt erscheinen wird.

Der Stoff ist übrigens von Joel Dewberry (via Stoffekontor), guckt mal wie je nach Tragevariante immer wieder ein anderer Musterausschnitt vorne ist. 
Hirsch, Blüten oder die Vögel: Nett, oder?

Mittwoch, 4. März 2015

MMM: Noch ein Wasserfallkleid (Burda 2 / 2013, Mod. 113 / 114)


Frühling. da macht es in der Mittagssonne mal wieder Spaß, Fotos für den MMM zu machen.
Ich trage heute mein derzeitiges Lieblingskleid.
Das ist wohl das am häufigsten getragene Kleidungsstück im letzten Winter.
Warum?

  • Zum einen ist es ein Kleid.
    Das bedeutet am Morgen: Anziehen und fertig.
    Keine Gedanken an Farb- oder Materialkombinationen- unkomplizierter geht es nicht. 
  • Die Farben. Da passt doch wohl alles dazu. Es ist vielfarbig ohne ernsthaft bunt zu sein.
  • Und das Muster: Sehr schmutzunempfindlich.
    Sogar die gefürchteten Kurkumaflecken fallen nicht weiter auf.
  • Und der Schnitt: Sitzt oben körpernah und fällt dann dezent über alle Winterpölsterchen.
  • Und nicht zuletzt das Material. Auch nach einigen Wäschen pillt es nicht, leiert kaum und hält die Farbe. Jersey ist ja echt Glückssache, aber hier passt alles.
Dieses Kleid würde ich genauso jederzeit wieder nähen.
(Achja: Der Flop der letzten Monate war das Weihnachtskleid. Fragt nicht.)

Schnitt: Burda 2-2013, 113, Wasserfallbreite auf ein Minimum reduziert.
Verschiedene andere Varianten hier (Original) und hier (halbe Breite)
Stoff: Stoffekontor (aus dem Jahr 2013, längst ausverkauft)
Wetter: 10 Grad und locker bewölkt. Yeah.