Donnerstag, 29. September 2016

Eine Stifterolle für Elektroniker


"Nähst du mir eine neue Stifterolle?" fragt der Sohn schon seit dem Beginn der Technikerschule vor ein paar Wochen. "Meine alte finde ich nicht mehr."
Die alte Stifterolle- die ist ziemlich genau vor 5 Jahren entstanden und ich musste beim Durchlesen des Blogeintrages von damals ziemlich lachen. Da stand:
 "...und von seinem ersten Festival in Wacken träumt."
Tja: Aus einem Wacken wurden vier, dazu kamen unzählige andere Festivals:


Manche Dinge ändern sich nie: Musikalisch ist er sich treu geblieben.
Für Eingeweihte ist anhand des Druckes leicht zu erkennen welche Fachrichtung er eingeschlagen hat: Elektrotechnik.
Für mich ist das ein Buch mit mindestens 7 Siegeln. Aber da man mit Siebdruck auch Platinen behandeln kann haben wir passend belichtete Siebe im Keller. Und mit diesen Motiven kann man natürlich auch auf Stoff bedrucken.


Außen ist die Rolle aus eingefärbtem Technical Cotton (65% PE, 35%BW), daraus werden normalerweise Zelte genäht. Innen ist LKW-Plane und beschichtete Baumwolle.


Interessant finde ich auch wie sich meine Näherei verändert hat- vor ein paar Jahren kamen auf die Stifterollen fast immer Borten und Bänder. Hier ist eine umlaufende Paspel und ein rotes Lederband der einzige Schmuck.
Ich arbeite gerade viel mit Materialkontrasten, Beschichtungen und Drucken.
Wer hätte das in der damaligen Zackenlitzenphase gedacht :)


Sonntag, 25. September 2016

Stoffspielereien: Von Gold bis Blech

Filz, Leder und Aludraht- was hat das denn bitteschön mit Stoffspielereien zu tun?

Suschnas Thema war: "Von Gold bis Blech- Metallstickerei"
Durch den Besuch der Torgauer Ausstellung mit den golddurchwirkten Brokaten wusste ich aber, dass ich einen völlig anderen Ansatz nehmen musste. Die kunstvollen antiken Stoffe sind ein Maßstab, an dem ich mich nicht messen kann.....

Deshalb habe ich zuerst versucht Metallicstoff und Draht aufzusteppen, als Untergrund habe ich wegen des Kontrastes Wollstoff oder Filz genommen.

Der Kupferstoff war schon ganz vielversprechend, das Aufsteppen von Draht geht aber spannungstechnisch gar nicht. Ich habe an sämtlichen Schrauben gedreht, aber das lässt sich mit meiner Maschine nicht nähen. Also habe ich den Draht in einen Tunnel eingezogen.
Die Idee hat mir dann ganz gut gefallen.


Leder, Filz und Draht- satte Kontraste.
Das Prinzip hat dann eine große Ablage für Papiere und ein kleines Körbchen für die monatlichen Postquittungen gegeben. Jetzt habe ich nette Sammelbehälter für meine Buchhaltung.


Und das Herumprobieren und Nähen hat auf jeden Fall viel mehr Spaß gemacht als die Büroarbeit.
Nur wenn ich mir den Stapel so angucke hätte ich vielleicht doch eher mal die Ablage in Angriff nehmen sollen.....

Weitere Stoffspielereien gibt es heute bei Suschna.

Am 30. Oktober bin ich Gastgeberin und sammle Experimente zu einem echten Herbstthema: Blätter
Drucken, applizieren, sticken oder alles zusammen- ich hoffe, wir bekommen einen inspirierenden goldenen Oktober!


Montag, 12. September 2016

"Schätze einer Fürstenehe" - die Ausstellung in Torgau

Zugegeben: Nach Torgau hat es mich eher zufällig verschlagen - die Stadt lag von Leipzig an den Teupitzsee einfach auf dem Weg. (Danke für den Tipp, Andrea!)
Aber die Ausstellung im Schloss Hartenfels ist für kulturhistorisch Interessierte auf jeden Fall auch eine Extrafahrt wert.

In Torgau fanden ab etwa 1600 immer wieder kurfürstliche Hochzeiten statt. Das gab den Anlass, einige Schätze aus dem Archiv der staatlichen Kunstsammlungen Dresden vor Ort auszustellen.
"Schätze einer Fürstenehe" ist der Rahmen für eine Zusammenstellung von Gemälden, Waffen und Fürstenbildnissen aus der Zeit nach der Hochzeit von Johann Georg I und seiner Frau Magdalena Sibylla von Sachsen im Jahr 1607.
Wirklich beeindruckend ist das Prunkkleid der Kurfürstin aus dem Jahr 1610/20. Es ist im Vergleich zu vielen Nürnberger Exponaten außergewöhnlich gut erhalten und restauriert.
Die Ausstellungsmacher stellen immer wieder einen Zusammenhang zwischen verschiedenen Exponaten her - in einer Virtine ist z.B. ein Stück der aufwändigen Spitze des Kleides nachgearbeitet- in den Originalfarben wie sie wohl vor 400 Jahren im Ballsaal getragen wurden.
Das ausgestellte Hochzeitsgewand des Fürsten ist auf einem Bildnis zu sehen.
Zusätzlich ist in einer Vitrine der schwarze Mantel ausgebreitet den er auf dem Tafelbild dekorativ um die Hüfte drapiert trägt.
Die Ausstellungsstücke sind auch für textile Laien hervorragend dokumentiert.
Wir haben sogar die beschriebene Nahttasche in Sibyllas Kleid entdeckt.
Ihr auch? Oben habe ich euch das mit einem Pfeil markiert.  :)

(Und: Die filigranen Posamentenknöpfe am abnehmbaren Rock, die hochgezogene Taille für die ständig schwangere Fürstin, morbide Stickereien auf ausgeblichener Seide.... Hachz. )

Die Kleidung ist von allen Seiten zugänglich, an einem Mittwochmorgen waren so wenig Besucher in den Räumen, dass wir ganz in Ruhe und bei verhältnismäßig gutem Licht gucken konnten.
Die Stickereien sind absolut beeindruckend. 
Und ich habe tiefen Respekt vor den Kunsthandwerkern, die so etwas Schönes geschaffen und erhalten haben.


Also: Torgau ist absolut empfehlenswert für einen Ausflug:

  • die Lage des Schlosses am Fluss ist malerisch- unbedingt auf den Turm steigen!
  • von Bären im Zwinger kann man halten was man will, aber Kinder wögen sowas wohl.
  • eine von Luther slbst geweihte Schlosskapelle
  • der Wendelstein im Schlosshof - großartig!
  • und am Marktplatz gibt es eine Eisdiele mit sensationellem Mango-Joghurt-Eis. Meine beiden Lieblingseissorten in einer Kugel kombiniert.... da wusste ich gar nicht was ich dazu nehmen sollte :)
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Ich bin wirklich froh, dass viele Museen ihre textilen Schätze der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Sachen sind teilweise so empfindlich, dass das nicht selbstverständlich ist.
Quasi bei mir in der Nachbarschaft ist auch so ein kulturhistorisches Ausflugsziel, das Heubacher Miedermuseum.
Muriel hat vor ein paar Monaten für ein paar Nähnerds einen Aussstellungsbesuch mit Führung durch die Kuratorin organisiert.
Hier könnt ihr darüber lesen.

Ein paar Wochen später hat sie mich dann zu einem ihrer legendären Podcast-Interviews gebeten. Himmel war ich aufgeregt :)
Das Resultat könnt ihr hier hören:


Vielen Dank Muriel, ich habe mich sehr gefreut!
Über den gemeinsamen Ausstellungsbesuch und das Interview!